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Mutti heiratet

Mia die Feder > As Lebm im Krieg

Mutti heiratet

Die Tage gehen dahin. Alle warten auf ein Kriegsende, aber das zeichnet sich nicht ab.
Mutti bekommt von Rupert die freudige Nachricht, dass er im Juli (1940) Heimaturlaub bekommt. Mutti springt vor Freude fast bis an die Decke.
Alles, was den Urlaub verschönern kann, wird organisiert und hergerichtet. Es wird eingekauft, gebacken  und gekocht. Man könnte glauben, ein Prinz kommt. Für Thea ist es sogar noch mehr, denn Rupert ist der König ihres Herzens.

Zusammen mit der Bawett steht Mutti am Lentinger Bahnhof, als der Zug einfährt. Frisch und munter springt Rupert sein "Schiffchen" schwenkend heraus und rennt auf die Frauen zu. Bei der Begrüßung stehen den Drei die Tränen in den Augen.
Die meiste Zeit verbringt Rupert natürlich mit seiner Thea. Das kleine Zimmer ist vorübergehend ein Himmelreich, ein siebter Himmel der Liebe, bis oben hin angefüllt mit rosa Wolken.
Am nächsten Tag muss Rupert gleich einen Kurzbesuch bei der Mama machen. Da bin ich auch eingeschlossen. Der "Onkel Rupert" nimmt mich auf den Arm, schmeißt mich in die Luft und fängt mich wieder auf. Dabei bringt er mich sehr zum Lachen. Das ist ja ein Superonkel.
Ansonsten bin ich aber während seines Urlaubs nicht sehr gefragt. Aber das macht nichts! Ich freue mich, wenn Mutti glücklich ist und ich bin ja immer da.
Auch die kleine Beate muss der Onkel bewundern. Rupert wendet sich an Mutti: "Wenn der Krieg vorbei ist, dann heiraten wir gleich. Natürlich wird das eine schöne Hochzeit mit allen drum und dran. In der Hochzeitsnacht mach ich dir den schönsten Buben, den es gibt."
Mutti muss lachen, aber sie glaubt ihren Rupert, denn was er sagt, das hält er. Rupert genießt den dörflichen Frieden , die Ruhe und vor allen Dingen die Zeit mit seiner Thea.
Man will die Zeit aufhalten, will den Ablauf verlangsamen, will die glücklichen Stunden nicht loslassen. Aber alles hilft nichts. Der Heimaturlaub geht zu Ende. Das Kriegsgespenst schaut  unbarmherzig durch das kleine Fenster in Muttis Zimmer.
Der Tag der Abreise ist da! Alle aus der Familie sind mit zum Bahnhof  gekommen. Mutti und Bawett können ihre Tränen nicht zurück halten.
Der Zug kommt! Rupert steigt ein und hofft, dass der schnell abfährt, denn sonst wird er auch noch weinen, aber er will seinen Lieben das Herz nicht schwer machen. Endlich pfeift der Zugschaffner. Der Zug setzt sich in Bewegung und führt den Rupert wieder dem Osten entgegen. Zu hause lässt er all seine Lieben in einer ungewissen Zukunft zurück.

Mama und die beiden Schwestern kümmern sich um die kleinen Mädchen. Nein, ich werde nicht benachteiligt! Besonders Tante gibt auch mir viel Zuwendung. Natürlich haben alle Drei Sehnsucht nach ihren Männern. Aber sonst ist alles in Ordnung.
Doch einige Wochen später stellt sich wieder eine Neuigkeit ein. Mutti bekommt ihre Regel nicht!
Sie ist wieder schwanger! Sofort befällt sie eine unheimliche Angst. Es ist doch kaum zwei Jahre her, dass sie mit ihrem Töchterchen in anderen Umständen war.
All die schlechten Erlebnisse dieser Zeit kommen in ihr hoch. Sie weiß nicht, wie Rupert darauf reagieren wird. Er ist ja so weit weg. Tante, ihre Schwester meint,  dass sie sich doch freuen soll und redet ihr Zuversicht und Mut zu.
Mama sagt nicht viel dazu. Was soll sie auch sagen?
Die Bawett freut sich über die Nachricht und auf die Aussicht, Oma zu werden. Und ich ? Ich muss das einfach hinnehmen. Wer interessiert sich schon dafür,  was ich denke oder wie ich damit zurecht komme. Ich denke einfach gar nicht darüber nach! Wie es kommt, so kommt es.
Aus, Äpfel, Amen!
Mutti schickt am nächsten Tag sofort einen Feldpostbrief weg und hofft, dass sie schnell Antwort bekommt. Täglich bangt sie der Post entgegen. Ruperts Antwort kommt bald!
Er freut sich! "Das wird bestimmt ein Bub" schreibt er. Er will schnell  Heimaturlaub bekommen und sofort heiraten, denn sein Kind soll gleich gesetzlich seinen Namen bekommen.
Die Schwangerschaft schreitet voran, aber alle Anträge Ruperts einen Heimaturlaub wegen der Heirat zu erhalten, werden abgelehnt.
Sein Bataillonskommandeur schlägt ihm die Ferntrauung vor. Rupert überlegt und schreibt dies seiner Thea.
Er meint dazu:
"Das können wir doch machen. Dann sind wir wenigstens verheiratet.
Wenn der Krieg vorbei ist, dann holen wir die kirchliche Trauung nach. Du bekommst ein schönes weißes Brautkleid mit einer Schleppe und die kleinen Mädchen streuen Blumen."

Thea ist gerührt von seinen Worten und stimmt der Ferntrauung, die es seit November 1939 gibt, zu.
Der 7. Oktober 1940 wird als Trauungstermin festgesetzt. Rupert hat schon seine Willenserklärung vor der Kommandantur abgegeben, ebenso die eidesstattliche Erklärung, dass er "arischer Abstammung" ist.
Die Heiratsgenehmigung des OKW  ist auch schon bei der Gemeinde Lenting eingegangen. Den Ariernachweis hat Thea ja schon gehabt. Trauzeugen sind ein Freund von Rupert und die Schwester von Thea. Schnell ist der 7. Oktober da. Thea begibt sich begleitet von ihrer Schwester in die Gemeindekanzlei. Ruperts Freund ist schon dort.
Auf dem Stuhl, den eigentlich der Bräutigam einnehmen soll, liegt ein Stahlhelm. Natürlich ist auch ein Bild von Hitler aufgestellt. Der Bürgermeister hält eine kurze Ansprache. Dann werden Rupert Kipfelsberger und Theresia Eschrich gesetzlich zu Mann und Frau erklärt.
Mama hat natürlich gutes Essen vorbereitet. Nachmittag gibt es auch noch Kaffee und Kuchen.
Alle lassen es sich gut schmecken. Der angenehme, wenn auch einseitige Hochzeitstag neigt sich dem Ende zu.

Thea tröstet sich damit, dass die schöne Feier ja noch nachgeholt wird. Sie ist aber doch froh, gesetzlich eine Ehefrau zu sein, und für das kommende Kind und für sich doch ein wenig abgesichert zu sein.
Und was ist mit mir?
Eigentlich hat sich für mich nichts geändert oder doch? Mutti heißt jetzt anders als ich. Da wird es bestimmt noch Verwicklungen geben!
Eschrich - Weber - Fuchs - Kipfelsberger.
Ich habe die freie Wahl. Besser mehrere Namen, als keinen....
Auf alle Fälle bin ich nicht namenlos auf der Brennsuppe daher geschwommen!

 
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