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Onkel Hans und Onkel Ludwig

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Onkel Hans und Onkel Ludwig

Es ist schon Hochsommer; der Krieg ist immer noch nicht aus. Von Bombenangriffen merkt man im Dorf nichts. Zwar steigt die Zahl der Gefallenen und öfter hört man vom Friedhof her "Ich hatt `einen Kameraden.."
Die Männer werden weniger, dafür arbeiten bei den Bauern "Zwangsarbeiter" In der "Frauenfamilie" läuft auch alles seinen gewohnten Gang. Alle sind beschäftigt, denn es gibt immer was zu tun. Doch, dann  taucht überraschend ein  neues Gesicht auf.
Bei Muttis Wohnungsnachbarin, der Spengler Resi, kommt deren Halbbruder öfters zu Besuch. Es ist der Hans. Er war an der Front, aber wegen einer Verletzung wurde er "wehruntauglich". Nun ist er bei der Reichsbahn in München angestellt. Er ist geschieden. Während er an der Front war, hat sich seine Frau in einen anderen verliebt und die Scheidung verlangt. Hans wollte das nicht, denn es ist noch seine kleine Tochter Inge da, an der er sehr hängt. Doch seine Frau will keine Gemeinsamkeit, sie  lässt ihm nicht mal mehr in die Wohnung. So kommt es, dass er seine freien Tage immer in Lenting verbringt. Wen lernt er da kennen? Natürlich meine Mutti!

Hans ist groß, schlank, sportlich, ein guter Gesellschafter. Er ist ein pflichtbewusster, zuverlässiger Mann. Er ist zwei Jahre älter als Mutti, Er gefällt ihr. Schon der Gedanke,  dass er nicht mehr an die Front muss, empfindet sie als großen Vorteil. Außerdem ist er zu ihrem kleinen Robert immer nett. Ihre Kleine ist sowieso bei ihrer Mutter. Mutti und Hans kommen sich immer näher. Bald ist allgemein bekannt, dass sie ein Paar sind. Im September stellt Mutti fest, dass sie wieder schwanger ist. Natürlich will Hans sofort heiraten, aber die Beschaffung seiner Papiere zieht sich in die Länge.

Im Spätsommer bekommt der Onkel Ludwig Heimaturlaub. Stolz präsentiert ihm Tante das gemeinsame Töchterchen. Beate ist auch wirklich eine süße Zuckerpuppe. Sie wirkt wie ein Schmetterling.
Onkel Ludwig ist glücklich mit seinen zwei Frauen. Er verbringt mit ihnen Glanztage, die leider viel zu schnell vergehen. Bevor er wieder an die Front muss, schneidet er den drei Kindern noch die Haare. Nein, den Mädchen nicht kurz, denn sie sollen ihre Zöpfchen behalten.


Der Abreisetag kommt.

Es ist ein schöner, sonniger Tag. Aber auch der hellste Sonnenschein kann die traurige Stimmung in den Herzen nicht vertreiben. Onkel Ludwig führt an einer Hand Beate und an der anderen Hand mich! Tante versucht, ihre Tränen zurück zu halten. Diesmal ist ihr Herz besonders schwer. Sie hat kein gutes Gefühl. Wann wird der Krieg endlich zu Ende gehen? Sie will sich ihre Niedergeschlagenheit nicht anmerken lassen und versucht, ein heiteres Gespräch zu führen.

Am Bahnhof angekommen, fährt der Zug bald ein. Tante und Onkel umarmen sich. Sie will ihm einfach nicht loslassen. Der Abschied von den anderen Familienmitgliedern und den Kindern fällt auch schwer. Besonders sein Töchterchen nimmt er immer wieder auf den Arm und küsst es. Beate schlingt die Ärmchen um seine Hals und gibt ihm viele, viele Bussi zurück. Endlich ist er dann im Zug und steht am geöffneten Fenster. Der Schaffner pfeift, der Zug setzt sich stampfend in Bewegung.

In gedrückter Stimmung kehren alle nach Hause zurück. Tante will in der Nacht nicht alleine sein und so bleibt Mutti in den nächsten Tagen und Nächten bei ihr. Der Sommer und der Herbst verlaufen diesmal einfach anders. Der Krieg verschlimmert sich. Man hört von Bombenangriffen auf verschiedene deutsche Städte. Von Onkel Ludwig kommen regelmäßig Feldpostbriefe. Tante atmet jedes Mal auf, wenn sie ein Lebenszeichen erhält. Der November kommt, der Todestag von Onkel Rupert jährt sich. Mutti denkt zwar noch gerne an ihren verstorbenen Mann, doch in Hans hat sie einen neuen Mann für das Leben gefunden. Es ist zwar nicht mehr die große Romantik, aber beide wissen, was es heißt, auf einen  zuverlässigen Partner bauen zu können. Doch der November ist noch nicht vorbei, als in Lenting wieder Schreiben über neue Gefallene die Familien erreichen.

Tante freut sich schon auf den ersten Advent. Doch einen Tag vorher erhält sie den Brief, dass ihr Mann sein Leben auf dem Feld der Ehre verloren hat. Tante ist wie versteinert. Sie hat es doch schon seit dem Abschied am Lentinger Bahnhof gespürt, dass es kein Wiedersehen mehr geben wird. Trotzdem will und kann sie es nun nicht glauben. Diesmal ist es ihre Schwester Thea  mit Hans, die alles, was es zu erledigen gibt, in die Hand nehmen. Meine  Tante, die immer alles organisiert hat, lebt wie eine Traumwandlerin Nur ihr Töchterchen Beate gibt ihr die Kraft, dieses Leben weiter zu leben. Das Weihnachtsfest verläuft trübe.
Doch die Kinder genießen ungetrübt den Heiligen  Abend und die Weihnachtsfeiertage. Sie freuen sich über den strahlenden Christbaum, die Spielsachen, Plätzchen und Süßigkeiten. Feldpostpäckchen werden an Papa geschickt, denn nur er ist an der Front. Die zwei Schwiegersöhne leben ja nicht mehr.

Auch Mutti ist einigermaßen zufrieden mit ihrem Leben. Ihre Kinder sind gesund, die neue Schwangerschaft macht ihr keine Schwierigkeiten. Hans, der neue Mann an ihrer Seite, macht sie glücklich. Sie hofft nur, dass die erforderlichen Papiere endlich mal komplett sind, damit sie und Hans heiraten können. Den Jahreswechsel verbringen alle zusammen bei Mama. Die Stimmung ist gedämpft; alle hoffen nur, dass der Krieg endlich zu Ende gehen wird.

 
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