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Schulbeginn

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1946 Schulbeginn

Beim Schulbeginn bin ich nicht alleine. Beate wird eingeschult. Auch sie bekommt keine Schultüte.
Ich bin jetzt Zweitklässlerin. Das Schöne ist, dass wir nun ein ganzes Jahr zusammen Unterricht haben. Wir werden noch unzertrennlicher. Seit Tante mit Beate beim Meier wohnt und ich mit Mama beim Dengler, schlafen wir auch zusammen im kleinen Dachkammerl  bei der Mutti. Das gefällt uns.


Der 50. Geburtstag 13.Oktober 1946

Im Oktober "feiert" Mama ihren 50. Geburtstag. Dieser hohe Tag fällt sogar noch auf einen Sonntag. Mutti und Tante setzen alle Hebel in Bewegung, um für ihr Muttchen ein kleines Fest zu zaubern. Alle steuern  zusammen mit Butter-Zucker- und Fleischmarken. Was zu entbehren ist, wird getauscht oder verkauft.
Trotz allen Vorbereitungen und der Vorfreude ist Mama traurig, denn sie hat immer gehofft, dass der Papa bis zu ihrem Geburtstag aus der Gefangenschaft entlassen wird.
Aber leider ....
Zum großen Fest kommt viel Besuch. Mamas Bruder, der Onkel Xaver, der außer Mama als einziger von den elf Geschwistern noch lebt, Tante Resi, Tante Anni und Onkel Karl, Tante Kuni und Tante Rosi aus München
und natürlich die Lentinger selbst.
Irgendwie klappt es auch mit der Übernachtung. Mama ist schon die ganze Zeit vorher mit den Vorbereitungen beschäftigt.
Sie kocht und backt Zwetschgen- und Apfeldatschi, einen Zopf, Rohrnudeln, auch eine Cremtorte, die mit Schokoladenpudding gefüllt ist, gibt es.
Extra für ihren Bruder macht Mama Küchle. Als der Onkel Xaver das hört, schmunzelt er und erzählt, wie die Mama vor 50 Jahren auf die Welt gekommen ist, war gerade Kirchweih. Mamas Mutter lag nach der
Entbindung noch ganz erschöpft im Bett. Da sind die Buben (Mamas Brüder) ans Bett gekommen und haben sich beschwert, dass sie wegen dem neuen Kind keine Kirchweihküchle bekommen.
Was hat die Mutter gemacht? Einige Stunden später ist sie aufgestanden, hat andampfelt und Küchle gebacken.
Jetzt beim Fünfzigsten wird Mittag ein richtiges Menü aufgetragen. Eine echte Rindssuppe mit Nudeln. Hernach Sauerbraten mit Knödel, Kartoffel-, und Endiviensalat. Als Nachspeise Zwetschgenkompott. Nachmittag dann Kaffee, Hefegebäck und Kuchen. Natürlich können nicht alle auf einmal essen, aber alles klappt wunderbar.
Mama bekommt schöne Geschenke. Stoff für einen Kleiderrock, einen Schürzenstoff, eine große Dose Milchpulver, Schokolade, etwas Kaffee, sogar einige Zigaretten, die ein Vermögen bedeuten.
Insgesamt ist es ein gelungenes Fest.


Der kalte Winter 46/47


Nach dem Geburtstag eilt die Zeit schnell auf den Winter zu. Es wird früh kalt und wir verleben ein frostiges Weihnachtsfest. Uns Kindern macht das nicht viel aus. Wir freuen uns über den Christbaum, die  Plätzchen und die Geschenke,
Es gibt nicht viel, denn der 50. Geburtstag von Mama hat alle Reserven und Lebensmittelkarten aufgebraucht. Doch wir sind glücklich und zufrieden.
Wenn Beate und ich am Abend unsere Betten in der Dachkammer aufsuchen, bekommen wir von der Mama eine Wärmflasche und einen heißen Ziegelstein mit, damit wir nicht erfrieren. In der Früh schrecken wir vor dem Aufstehen zurück, denn es schneit durch das Dach herein. Der Schnee liegt bis vor der Zimmertür. Ein Blick aus dem Fenster ist das Erste. Wenn der Kamin vom Denglerhäuschen raucht, wissen wir dass Mama schon auf ist. Wir ziehen nur die Schuhe an, laufen kurz durch den Schnee zur Mama. Schnell schlüpfen wir durch die Türe in die bereits warme Stube. Wie immer macht uns Mama Kaffee und Marmeladenbrote. Nach kurzer Wäsche ziehen wir uns fertig an und eilen zur Schule, denn diese beginnt um acht Uhr.
Gut, dass die Schule nicht weit weg ist. Wenn der Schnee recht hoch ist, fällt er uns in die Schuhe. Mit den nassen Schuhen sitzen wir dann im Schulzimmer.
Dort ist es meist auch schon warm. Der eiserne Ofen mit dem langem Ofenrohr läuft auf Hochtouren und fängt das Glühen an. Doch dann wird es so kalt, dass Beate und ich vorerst nicht mehr im Dachkammerl schlafen können. Das Thermometer ist weit unter Null. Das Pappendeckelfenster kann die Kälte nicht abhalten, wir würden erfrieren. An einem dieser Tage kommen wir von der Schule heim und finden Mama weinend vor. Da gehört schon etwas dazu, Mama zum Weinen zu bringen.
Betreten stehen wir da und schauen uns um, bis wir erfahren, was passiert ist. In der Kälte sind im Dachkammerl alle Flaschen und Gläser mit dem Eingeweckten geplatzt. Mama hat nun Schüsseln voller Scherben, Saft, Kompott und Mus. Die ganze Sommerarbeit ist umsonst. Aber dann überleben wir auch noch diesen Schicksalsschlag. Der Winter muss weichen, ob er will oder nicht. Voller Hoffnung starten wir in den Frühling 1947.

 
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